Artikel im Nordbayerischen Kurier 📰vom 26.09.2020
Bayreuth. Die Vereinigten Schützengilden St. Georgen von 1720 und Bayreuth von 1623 e.V. sind Träger des mit 500 Euro dotierten 3. Sozialpreises des Vereins „Die Unabhängigen“ (DU). Beworben hatte sich der Traditionsverein mit einem besonderen Integrationsprojekt.
In diesem Jahr sollte groß gefeiert werden. Immerhin jährte sich die Gründung der ehemaligen Privilegierten Schützengesellschaft St. Georgen, annonciert per Dekret des Markgrafen Georg Wilhelm höchst persönlich, zum 300. Male. Aber dann kam Corona. Und verhagelte den Schützen dieses Großereignis. Blieb also nur eines: Man feierte sich selbst, Pandemie-gerecht, mit einem ausführlichen Rückblick nachzulesen auf der Vereinshomepage www.schutzengilde-bayreuth.de.
Baum der Integration
Umso schöner für die Schützen, dass im Jahr 2023 schon wieder Grund zum Feiern ist. Dann steht der 400. Geburtstag der am 23. Juni 1623 gegründeten Privilegierten Schützengilde Bayreuth an. Die beiden Traditionsvereine hatten sich im Jahre 1950 zu den Vereinigten Schützengilden St. Georgen von 1720 und Bayreuth von 1623 e.V. zusammengeschlossen. Zwischen den beiden großen Jubiläen aber planen die Schützen an ihrem Domizil Am Schießhaus 2 noch ein kleines, aber feines Fest. Sie wollen gemeinsam einen Baum der Integration pflanzen. Und damit ein sichtbares Zeichen setzen für gelebte Integration und Toleranz. Denn die Schützen, die den wohl ältesten Verein Bayreuths mit aktuell rund 240 Mitgliedern repräsentieren, kümmern sich seit dem Jahr 2016 in besonderer Weise um Geflüchtete aus aller Welt, die in Bayreuth nach Flucht und Vertreibung ein neues Leben suchen. Und schenken ihnen das Wertvollste, was man schenken kann: Zeit, Aufmerksamkeit, Wärme, Geborgenheit und Miteinander. Woche für Woche praktizieren die Vereinsmitglieder ohne großes Brimborium, aber mit viel Engagement, Integration. Und das, meinte die Jury des Vereins „Die Unabhängigen“ einvernehmlich, sei allemal einen DU-Ehrenamtspreis wert.
Gemeinsamkeit ist Trumpf
Das Miteinander zwischen Verein und Geflüchteten kam eher zufällig zustande. Verena Faßold, Jugendwartin in der Abteilung Sportkegeln und Vorstandsmitglied der Schützengilde, und der Arzt i. R. Günther Hinterobermeier, der die Willkommensgruppe St. Georgen koordiniert und dem Schützenverein seit vier Jahren angehört, wollten gemeinsam mit den jugendlichen Keglern den Geflüchteten nicht nur helfen, die deutsche Sprache zu lernen, sondern ihnen auch eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bieten. Also luden sie Frauen, Männer und Jugendliche kurzerhand ins Schützenhaus ein. Ja, man kegelte zusammen. Aber man unterhielt sich auch, feierte, lernte sich immer besser kennen und warf auch das eine oderandere Vorurteil rasch über Bord. Bei Sport und Spiel nämlich, das wurde schnell deutlich, sind alle Menschen gleich. Und danach sitzen Vereinsmitglieder und Gäste häufig noch zusammen und tauschen sich aus. Über Länder, Gepflogenheiten, über das neue und das frühere Leben.
Abwechslung im Alltag
Das Integrationsprojekt, das von den Mitgliedern durch die Bank gerne mitgetragen wird, läuft seit nunmehr vier Jahren. Woche für Woche, außer während des Lockdowns natürlich. Dafür öffnet der Verein die Kegelbahn und auch das Fitnessstudio. Man geht aber auch zusammen wandern, trifft sich zum Grillen, Kanufahren auf dem Röhrensee oder spielt auf der vereinseigenen Minigolfanlage. Der Vorsitzende der Schützengilde, Harry Franken: „Ein Ziel der Aktion ist es, den Flüchtlingen während ihres Aufenthalts in Bayreuth eine Abwechslung in ihren Alltag zu bringen. Bei den Teilnehmern handelt es sich überwiegend um junge Menschen, die in Flüchtlingsunterkünften leben und – wie sichtbar wird – sich freuen, wenn sie sich sportlich bewegen können.“ Und, ganz nebenbei, lernt man in einem solchen Kreis die deutsche Sprache viel lieber und vergnügter als im Klassenzimmer.
Projekt für Freunde
Mittlerweile erhalten die Schützen bei ihrem beispielhaften Vorhaben auch regelmäßig Unterstützung von einer jungen Senegalesin: Tatjana Diouf, die an der Universität Bayreuth Ethnologie studiert, engagiert sich ehrenamtlich bei diesem „Projekt für Freunde“, das im Lauf der Zeit mehr als 200 Menschen aus Syrien, Irak, Ukraine, Afghanistan, Eritrea, Iran und vielen anderen Ländern wahrgenommen haben.
Zeichen der Hoffnung
Nun wollen die Schützen diesem Projekt ein kleines, lebendiges Denkmal setzen. Mit einem Baum der Integration, der am Schützenhaus gepflanzt werden soll, wollen sie nicht nur auf das Projekt selbst hinweisen, sondern auch nach außen ein Zeichen setzen – ein Zeichen des ältesten Bayreuther Vereins für Integration und Toleranz. Und die Hoffnung ist, dass dieses Bäumchen eines Tages Früchte tragen wird. Genau wie das Integrationsprojekt es längst tut.